1207: Bildschirmschoner bändigenNichts nervt an einem Rechner mehr als irgendwelche Features, die man nicht braucht. Stellen Sie sich vor, Sie lesen einen Text und alle 5 Minuten geht der Bildschirm aus! Sie müssen dann erst eine Taste drücken und es dauert 5 (!) Sekunden, bis der Bildschirm wieder angeht. Erst dann können Sie weiterlesen, aber auch nur dann, wenn Sie die Stelle im Text gefunden haben, an der Sie waren, bevor der Bildschirm ausgegangen ist. Es ist nicht zu fassen: Wenn es in der Linux-Welt um das Beseitigen von Bildschirmschonern geht, braucht es bei jeder neuen Linux-Version erneut einen ungerechtfertigt hohen Aufwand, um das Thema so zu erforschen, dass es unter Kontrolle gebracht werden kann! Ich zeige Ihnen wieder einmal exklusiv, wie Sie ein Debian-System so einstellen können, dass Sie in den wichtigsten Situationen von hartnäckigen Bildschirmschonern verschont bleiben. Dieses mal gehe ich besonders gründlich vor, denn es ist bereits das vierte mal, dass alle bisher erforschten Lösungsansätze bei einer neuen Linux-Version vollständig versagten. Ich hoffe, dass ich dieses mal wirklich alle relevanten Verstecke entdeckt habe, in denen entsprechende Einstellungen vorgenommen werden können! 1. X-Window-System – Bildschirmschoner und EnergiesparmodusFür das X-Window-System allgemein gibt es 2 Orte, an denen Sie Bildschirmschoneritis vorbeugen können. 1.1. Im Debian-MenüHier ist per Default noch etwas aktiviert, das Sie deaktivieren müssen. Betreten Sie den Ort des Geschehens:
Schließen Sie das Fenster. Hier sind Sie fertig. 1.2. In der Datei "/etc/X11/xorg.conf"Unter Umständen (wenn Sie z.B. einen NVIDIA-Treiber installiert haben) kann DPMS aktiviert sein. Das kann zur Folge haben, dass während der Arbeit der Bildschirm ausgeht. Um das zu ändern, gehen Sie wie folgt vor:
2. KDE – BildschirmschonerFür die KDE gibt es einen weiteren Ort, der möglicherweise die Ursache einer Plage sein kann. Per Default müsste hier zwar alles deaktiviert sein, aber Nachsehen kann nicht schaden:
3. KDM – BildschirmschonerIn der Datei "/etc/X11/xorg.conf" gibt es Einstellmöglichkeiten, die mit hoher Sicherheit dafür sorgen, dass, wenn die Login-Maske des KDM aktiv ist, nach 10 Minuten Nichtstun ein Bildschirmschoner aktiv wird. Das Perfide daran ist: Wenn dieser Bildschirmschoner einmal in der Login-Maske aktiv geworden ist, dann wird auch in sämtlichen KDE-Sitzungen nach 10 Minuten Nichtstun ein Bildschirmschoner aktiv werden. Erst nach einem Reboot des Rechners hört das auf. Wer also meint, "in einer Login-Maske stört mich doch ein Bildschirmschoner nicht", dem kann ich nur raten: Schalten Sie das Ding aus! 3.1. In der "man"-Page nachlesenDie erste große Aufgabe ist es, die relevanten Optionen der Datei "/etc/X11/xorg.conf" zu erforschen. Wenn Sie das selbst tun möchten, dann wäre der erste Schritt der folgende: man xorg.conf 3.2. Hinweis zur Fehlersuche, falls etwas schief gehtSie müssen die Datei "/etc/X11/xorg.conf" editieren. Wenn Sie dabei einen Fehler machen (und diesen Fehler unbemerkt abspeichern), dann startet das X-Window-System beim nächsten Rechner-Neustart nicht mehr. Stattdessen werden Sie mit der Text-Konsole arbeiten müssen. Sollte das der Fall sein, dann könnte folgendes Wissen bei der Ursachenfindung hilfreich sein:
3.3. Datei "/etc/X11/xorg.conf" verstehen
3.4. Datei "/etc/X11/xorg.conf" editierenDas Problem ist, dass in der Datei "/etc/X11/xorg.conf" so wenig wie möglich drin steht. Und wenn zu bestimmten Optionen keine Einträge existieren, dann werden irgendwelche Default-Werte verwendet. 3.4.1. Original-Debian – Wenn Sie keinen NVIDIA-Treiber installiert haben
In einer solchen Situation gibt es noch nicht einmal die Section "ServerLayout". Sie müssen diese Section per Hand programmieren. Aus diesem Grund habe ich in Kapitel 3.3 die Grundlagen der "xorg.conf" erläutert. 3.4.2. Situation mit NVIDIA-Treiber
Wenn Sie einen NVIDIA-Treiber installieren, dann krempelt der Treiber die Datei "/etc/X11/xorg.conf" komplett um. In dieser Version wird die Section "ServerLayout" bereits vorhanden sein. Alles, was Sie tun müssen, ist es, sie zu erweitern. 3.4.3. Wenn sehr schnell Bildschirmschoner und Energiesparmodi zuschlagen sollen
Um zu verstehen, wie die nun interessanten Optionen funktionieren, zeige ich Ihnen zunächst ein Beispiel, dessen Wirkung Sie innerhalb weniger Minuten testen können. Kleine Warnung vorweg: Dieses Beispiel funktioniert nur in der Theorie. In der Praxis wird maximal "BlankTime" zuschlagen, und nicht mehr. Starten wir das Experiment. Zunächst zitiere ich die Grundlagen aus der "man"-Page: Option "BlankTime" "time" sets the inactivity timeout for the blank phase of the screensaver. time is in minutes. This is equivalent to the Xorg server's -s flag, and the value can be changed at run-time with xset(1). Default: 10 minutes. Option "StandbyTime" "time" sets the inactivity timeout for the standby phase of DPMS mode. time is in minutes, and the value can be changed at run-time with xset(1). Default: 20 minutes. This is only suitable for VESA DPMS compatible monitors, and may not be supported by all video drivers. It is only enabled for screens that have the "DPMS" option set (see the MONITOR section below). Option "SuspendTime" "time" sets the inactivity timeout for the suspend phase of DPMS mode. time is in minutes, and the value can be changed at run-time with xset(1). Default: 30 minutes. This is only suitable for VESA DPMS compatible monitors, and may not be supported by all video drivers. It is only enabled for screens that have the "DPMS" option set (see the MONITOR section below). Option "OffTime" "time" sets the inactivity timeout for the off phase of DPMS mode. time is in minutes, and the value can be changed at run-time with xset(1). Default: 40 minutes. This is only suitable for VESA DPMS compatible monitors, and may not be supported by all video drivers. It is only enabled for screens that have the "DPMS" option set (see the MONITOR section below). Geben wir den Parametern also mal sinnvolle Werte:
Diese Werte tragen wir in die Datei "/etc/X11/xorg.conf" ein und starten den Rechner neu: Section "ServerLayout" Identifier "Layout0" Screen "Screen0" . . . Option "BlankTime" "1" Option "StandbyTime" "2" Option "SuspendTime" "3" Option "OffTime" "4" EndSection Und nun sehen wir, was passiert, wenn wir theoretische Konzepte in der Praxis testen:
Nun ja: Dass die Option "BlankTime" eine Wirkung hat, das konnten wir jetzt sehr eindrucksvoll mit eigenen Augen sehen. Der Rest interessiert nicht. Wichtig ist es zu wissen, dass die Zahl, die hinter der Option steht, eine Angabe ist, die als Minuten interpretiert wird. Wenn die Zahl eine 0 ist, dann heißt das nicht etwa null Minuten, sondern die Option ist damit ausgeschaltet. 3.4.4. Wenn Bildschirmschoner und Energiesparmodi wirklich AUS (!) sein sollen
Sie haben jetzt das Handwerkszeug das Sie brauchen, um den Bildschirmschonerhorror zu beenden. Die Datei "/etc/X11/xorg.conf" sollte ungefähr so aussehen: Section "ServerLayout" Identifier "Layout0" Screen "Screen0" . . . Option "BlankTime" "0" Option "StandbyTime" "0" Option "SuspendTime" "0" Option "OffTime" "0" EndSection Beachten Sie, dass anstelle der drei Punkte noch weitere Inhalte stehen können, die ein Treiber für Sie eingetragen haben kann. Diese Inhalte lassen Sie besser stehen. 4. Bildschirmschoner auch dann ausschalten, wenn mehrere KDE-Sessions aktiv sindWenn Sie mehrere KDE-Sitzungen gleichzeitig betreiben wollen (<Ctrl>+<Alt>+<F7>, <Ctrl>+<Alt>+<F8>, ...), dann wird es mit Sicherheit passieren, dass trotzdem alle 10 Minuten ein Bildschirmschoner aktiv wird. Das ist erst seit Debian Lenny so. 4.1. Erklärungsversuch
Wenn Sie per xset q|egrep -A2 "^Screen Saver" nachsehen, dann werden Sie feststellen, dass "prefer blanking" auf "yes" gestellt ist (auf älteren Etch-Systemen steht es per Default auf "no"). Wenn KDE eine Sitzung für einen User lädt, dann wird offenbar am Ende des Ladevorgangs "prefer blanking" auf "yes" gesetzt. 4.2. Lösungsansatz
Um das Problem zu beheben, müssen Sie für jeden aktiven KDE-User dafür sorgen, dass "prefer blanking" auf "no" gesetzt wird, nachdem KDE das Laden der Sitzung für den User fertiggestellt hat. Pro User sollten Sie daher eine Autostart-Datei für KDE hinterlegen und ihr Ausführungs-Rechte geben: cd ~/.kde/Autostart >disable_screensaver.sh chmod 755 disable_screensaver.sh nedit disable_screensaver.sh Nachdem Sie die frisch angelegte und mit Ausführungsrechten versehene Datei mit einem Editor geöffnet haben, versehen Sie sie mit folgenden Inhalt: #!/bin/bash sleep 10 xset s noblank Der "sleep"-Befehl sorgt dafür, dass KDE genügend Zeit hat, die Sitzung zu laden und "prefer blanking" auf "yes" zu setzen. Der xset-Befehl setzt "prefer blanking" dann auf "no". Damit wäre das Problem für diesen User gelöst.
4.3. Meine Recherchen
Auf die Idee, das Problem bei mehreren KDE-Sitzungen mit Hilfe von "xset" zu lösen, kam ich, während ich im Debian-Forum und gleichzeitig auf der X.Org-Mailing-Liste aktiv war:
Sie können dort viele Details meiner Recherchen inklusive der Sackgassen, die ich gegangen bin, nachlesen. 4.4. Die wahre Lösung
Am Ende ist alles einfacher als man denkt. Rechts unten in der Statusleiste gibt es ein blaues Symbol (einen blauen Stecker) links neben der Uhr. Es handelt sich hierbei um KPowersave. Per Rechtsklick können Sie KPowersave beenden. Es fragt, ob es beim nächsten Sitzungsstart automatisch neu starten soll. Antworten Sie mit "Nein". Fertig! Ich werde in der nächsten Iteration (wenn ich erneut ein KDE aufsetze) das Thema etwas ordentlicher dokumentieren. 5. Konsole – BildschirmschonerAuch in der Konsole kann ein Bildschirmschoner zum Beispiel nach 30 Minuten Nichtstun den Bildschirm verdunkeln. Um das abzustellen, editieren Sie die Datei "/etc/console-tools/config": nedit /etc/console-tools/config Hier gibt es mindestens zwei Einstellungen, die Sie ändern müssen: Vorher
BLANK_TIME=30 . . . POWERDOWN_TIME=30 Nachher
BLANK_TIME=0 . . . POWERDOWN_TIME=0 Erklärung
Wenn "BLANK_TIME"=0 ist, dann kommt "POWERDOWN_TIME" nie in Frage, Und weil "BLANK_TIME" aufgrund der 0 nie in Aktion tritt, wird auch "POWERDOWN_TIME" nie in Aktion treten. Trotzdem empfehle ich, bei "POWERDOWN_TIME" eine 0 einzutragen, denn man kann ja nie wissen, was sich da in ein paar Jahren ändern wird... 6. Weitere mögliche UrsachenVor einigen Jahren beobachtete ich Interferenzen zwischen verschiedenen KDE-Usern bei mehreren X-Window-Sessions. Wenn ein KDE-User (auf <Ctrl>+<Alt>+<F7>) definitiv alle Bildschirmschoner deaktiviert hatte, bei einem anderen User (auf <Ctrl>+<Alt>+<F8>) jedoch ein Bildschirmschoner aktiv wurde, dann wurde bis zum nächsten Reboot des Rechners auch für den ersten KDE-User (auf <Ctrl>+<Alt>+<F7>) der Bildschirmschoner aktiv. Was genau da schief gelaufen ist, das kann ich nicht mehr herausfinden, da dieses SuSE-System längst nicht mehr auf aktueller Hardware läuft. Sollten Sie jedoch nach allen hier beschriebenen Maßnahmen immer noch von einem hartnäckigen Bildschirmschoner betroffen sein, dann wäre diese alte Beobachtung noch ein Forschungsansatz, der näher untersucht werden könnte. Mögliche Abhilfe dann: Bei wirklich jedem KDE-User sämtliche Bildschirmschoner und Energiesparmodi deaktivieren.
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