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Debian für Unternehmer - Debian-Know-how

3103: E-Mail mit Icedove

Dieses Modul beschäftigt sich mit dem Programm Thunderbird, im Debian-Dialekt auch Icedove genannt. Alle auf dieser Seite gemachten Angaben habe ich mit Icedove 2.0.0.22 (20090706) getestet.

Ich gehe davon aus, dass Sie Modul 9035 bereits abgearbeitet haben, so dass sich Icedove minimal vorkonfiguriert auf Ihrem System befindet.

1. Inbetriebnahme mit GMX

Sie werden nun erfahren, wie Sie Icedove so zum Laufen bekommen können, dass Sie damit E-Mail empfangen und versenden können. Gezeigt wird Ihnen das am Beispiel von GMX. Konkret werden dazu folgende Beispiel-Konfigurationsdaten verwendet:

Outgoing Server (SMTP) Settings
-------------------------------
          Server Name: mail.gmx.net
                 Port: 25
Use name and password: TRUE
            User Name: Hans.Wurst@gmx.de

Account 1
---------
            Account Name: Hans.Wurst@gmx.de
               Your Name: Hans Wurst
           Email Address: 
            Organization: 
             Server Type: POP Mail Server
             Server Name: pop.gmx.net
                    Port: 110
               User Name: Hans.Wurst@gmx.de
Leave messages on server: TRUE
1.1. Treffen Sie erste Vorbereitungen

Eventuell wollen Sie nicht, dass Icedove Ihre gesamte E-Mail-Korrespondenz der vergangenen 365 Tage herunterlädt. Um das zu verhindern, sollten Sie sich in die Web-Oberfläche Ihres E-Mail-Accounts einloggen und sämtliche im dortigen Posteingang befindliche E-Mail in einen anderen Ordner verschieben.

1.2. Kappen Sie die Internetverbindung

Ganz wichtig: Stellen Sie sicher, dass Ihre DSL-Verbindung ausgeschaltet ist! Sie sollten den Rechner mit laufendem Icedove erst dann wieder ans Netz lassen, wenn Sie alle E-Mail-Konten so fertig konfiguriert haben, dass keine E-Mail unkontrolliert irgendwo abgerufen oder gar beim Provider gelöscht wird.

1.3. Programmstart

Starten Sie das Programm Icedove:

icedove
1.4. Erstkonfiguration

Nach dem ersten Aufruf von Icedove: startet ein sogenannter "Wizard". Sie müssen Icedove zunächst grob konfigurieren, sonst kommen Sie nicht weiter. Bei Checkboxen stehen die Angaben "true" für "Ankreuzen" und "false" für "nicht ankreuzen". Gehen Sie wie folgt vor:

  1. Wählen Sie "Email account".
  2. Geben Sie Ihrem E-Mail-Account eine Identität:
    • Your Name: Hans Wurst
    • Email Address: Hans.Wurst@gmx.de
  3. Verraten Sie Icedove nun die Server-Informationen:
    • Type of incoming server: POP
    • Incoming Server: pop.gmx.net
    • Use Global Inbox: false
    • Outgoing Server: mail.gmx.net
  4. Nun benötigt Icedove die Angaben zu den Benutzernamen:
    • Incoming User Name: Hans.Wurst@gmx.de
    • Outgoing User Name: Hans.Wurst@gmx.de
    Achten Sie darauf, dass bei GMX E-Mail-Adressen gefordert sind.
    Die Vorschläge von Icedove sind hier also falsch!
  5. Vergeben Sie nun einen eindeutigen Account-Namen:
    • Account Name: Hans.Wurst@gmx.de
  6. Sie sehen nun eine Zusammenfassung Ihrer Eingaben.
    • Deaktivieren Sie "Download messages now".
    • Klicken Sie auf "Finish".

Nach der Erstkonfiguration befinden sich die von Ihnen gemachten Angaben in Ihrem Home-Verzeichnis:
"~/.mozilla-thunderbird/????????.default/Mail"

1.5. Konfigurationsänderungen am Konto

Bevor Sie Ihre Internet-Verbindung aktivieren, sollten Sie noch ein paar grundlegende Einstellungen in der Konfiguration ändern. Ich schlage Ihnen hiermit sehr konservative Änderungen vor. Sie können gern Ihre eigenen Vorlieben einstellen, Sie sollten aber eins bedenken:

Eine der Default-Einstellungen löscht die Nachrichten auf dem Server, wenn Icedove sie auf den Client übertragen hat. Mal abgesehen davon, dass Sie damit eine wunderbare Backup-Möglichkeit ausschlagen, ist diese Default-Einstellung besonders dann katastrophal, wenn Sie das aktuelle System erst noch testen wollen und derweil Ihre E-Mail noch mit einem E-Mail-Client auf einem anderen System verwalten wollen.

Hier also der Vorschlag einer besonders vorsichtigen Konfiguration:

  1. Wählen Sie im Menü: "Edit" und "Account Settings".
  2. Gehen Sie in den Baum "Hans.Wurst@gmx.de" und dort nach "Server Settings".
  3. Modifizieren Sie die Optionen im Kasten "Server Settings" wie folgt:
    • Check for new messages at startup: false
    • Check for new messages every 10 minutes: false
    • Automatically download new messages: false
    • Fetch headers only: false
    • Leave messages on server: true
      • For at most 7 days: false
      • Until I delete or move them from Inbox: false
    • Empty Trash on Exit: false
  4. Wenn Ihr E-Mail-Server die entsprechenden Sicherheitseinstellungen unterstützt, dann können Sie die Optionen im Kasten "Security Settings" wie folgt modifizieren:
    • Use secure connection: SSL
    • Use secure authentication: false
  5. Navigieren Sie im Baum "Hans.Wurst@gmx.de" nun nach "Composition & Addressing".
  6. Im Kasten "Composition" modifizieren Sie die Einstellungen wie folgt:
    • Compose messages in HTML format: false
    • Automatically quote the original message when replying: true
      • Then, start my reply below the quote
  7. Schließen Sie das Dialog-Fenster (indem Sie Ihre Einstellungen mit "OK" bestätigen) und wählen Sie im Menü: "Edit" und anschließend "Preferences".
  8. Unter "Composition", "General" ändern Sie den Wert bei "Wrap plain text messages at 72 characters" in "120".
  9. Unter "Composition", "Spelling" deaktivieren Sie die Option "Enable spell as you type".

2. Das Programm Icedove konfigurieren

Wer lange Zeit mit Netscape 4.7x gearbeitet hatte, um die E-Mail-Korrespondenz damit abzuwickeln, wird beim Umstieg auf Thunderbird (Icedove) zwei unliebsame Überraschungen erleben. Mich haben beide Probleme sehr viel Zeit gekostet, aber ich hatte sie bereits im Jahr 2005 (damals noch in einer SuSE-Umgebung) einigermaßen zufriedenstellend gelöst. Im Folgenden werden die beiden Probleme erläutert und der Lösungsansatz vorgestellt.

2.1. "Format=Flowed"

Der Standard "Format=Flowed" wurde ursprünglich erfunden, um das Kammquoting zu verhindern. Technisch funktioniert der Lösungsansatz so:

  • Das sendende Programm (z.B. ein E-Mail-Client) bricht Zeilen nach maximal z.B. 72 Zeichen um. Am Ende der Zeile (vor dem Zeilenumbruch) fügt das sendende Programm noch ein Leerzeichen ein (auch "Soft-Line-Break" genannt). Am Leerzeichen am Ende einer Zeile erkennt der F=F-fähige Empfänger, dass diese Zeile umgebrochen wurde. Er fügt die beiden Zeilen programmintern wieder zusammen und bricht den Text an einer Stelle um, die davon abhängt, wie groß das textanzeigende Fenster des Betrachters eingestellt ist. So wird der Text immer am Ende des Fensters umgebrochen, egal, wie breit das Fenster auf dem Bildschirm gerade ist.
  • Wenn in einem Originaltext eine Zeile mit Leerzeichen endet, dann werden alle diese Leerzeichen entfernt, damit der Empfänger nicht denkt, die Zeile wäre aufgrund von F=F umgebrochen und müsse nun wieder mit der nachfolgenden Zeile zusammengesetzt werden. Durch dieses Verhalten gehen schon mal Informationen verloren.
  • Damit auch Quotes flexibel umgebrochen werden können, müssen vor der Übertragung Quotes als solche gekennzeichnet werden, damit der Empfänger sie auch als solche erkennt. Im Klartext: Wenn eine Zeile mit einem ">" beginnt, dann heisst das in der Regel, dass jetzt ein Zitat beginnt. Mehrere Zeilen, die jeweils mit einem ">" beginnen, stellen ein Zitat dar, das sich über mehrere Zeilen erstreckt. Die Software, die einen solchen Text empfangen hat und nun in einem beliebig großen Fenster anzeigen soll, muss nun in der Lage sein, die Texte, die sich hinter den ">"-Zeichen befinden, flexibel an jeder beliebigen Position anzuzeigen und gleichzeitig sicherstellen, dass sich die ">"-Zeichen immer am Anfang der Zeilen befinden.
  • Was passiert, wenn der zu sendende Original-Text am Anfang ein ">"-Zeichen enthält? Nun, damit dieses Zeichen nicht als "Quote;" fehlinterpretiert wird, muss es "entschärft" werden.
  • Ein sogenanntes "Space-Stuffing" sorgt dafür, dass bei allen Zeilen, die im Original mit einem ">"-Zeichen beginnen, am Anfang ein Leerzeichen eingefügt wird. Auch bei Zeilen, die mit einem "From" (nicht aber mit einem "from") beginnen, wird ein Space-Stuffing durchgeführt, damit Systeme zwischen Sender und Empfänger aus dem "From" kein ">From" machen, was aber inkonsequent ist, denn aus einem "from" wird dann immer noch ein ">from" gemacht.
  • Und was passiert, wenn der originale Text ein Leerzeichen am Anfang einer Zeile enthält? Nun, der F=F-fähige Empfänger würde dann denken, ein Space-Stuffing läge vor, was in dem Fall nicht stimmen würde. Um das zu verhindern, werden auch Originalzeilen, die mit einem Leerzeichen beginnen, mit einem zusätzlichen Leerzeichen am Anfang bestückt. In der Informatik ist das klassisch: Auch Escape-Zeichen müssen mit einem Escape-Zeichen "entschärft" werden, wenn sie absichtlich in Zeichenketten benutzt werden.

Und jetzt das Problem: Ein Sender sendet eine ASCII-Art per E-Mail und nutzt einen E-Mail-Client mit eingeschaltetem Format=Flowed (zum Beispiel Thunderbird/Icedove). Er sendet folgenden Text ab:

*****   *****
*           *
*           *
*****   *****
    *       *
    *       *
*****   *****

- Stichpunkt 1
  Diese Zeile soll mit zwei Leerzeichen beginnen.
  Denn dieser Text soll in der gleichen Spalte wie Stichpunkt beginnen.

- Stichpunkt 2
  - geschachtelter Stichpunkt 2.1
  - geschachtelter Stichpunkt 2.2
  - geschachtelter Stichpunkt 2.3

- Stichpunkt 3

- Stichpunkt 4

- Stichpunkt 5

Ein Empfänger nutzt einen E-Mail-Client, der Format=Flowed nicht interpretieren kann (und das ist so ziemlich jeder E-Mail-Client, der nicht "Thunderbird" oder "Icedove" heißt). Der Empfänger sieht dann folgendes verstümmeltes Resultat:

*****   *****
*           *
*           *
*****   *****
     *       *
     *       *
*****   *****

- Stichpunkt 1
   Diese Zeile soll mit zwei Leerzeichen beginnen.
   Denn dieser Text soll in der gleichen Spalte wie Stichpunkt beginnen.

- Stichpunkt 2
   - geschachtelter Stichpunkt 2.1
   - geschachtelter Stichpunkt 2.2
   - geschachtelter Stichpunkt 2.3

- Stichpunkt 3

- Stichpunkt 4

- Stichpunkt 5

Das Gegenteil von "Format=Flowed" ist übrigens "Format=Fixed". Zum Thema "Format=Flowed" gibt es noch folgende Literatur: RFC 2646

Wenn Sie zum Rest der Welt kompatibel sein möchten, der nun mal in aller Regel E-Mail-Clients benutzt, die nicht "Format=Flowed"-fähig sind, dann wollen Sie Icedove vielleicht dazu bringen, dass es E-Mail als "Format=Fixed" versendet.

Sie können das wie folgt tun:

  1. Beenden Sie Icedove.
  2. Öffnen Sie die Datei "~/.mozilla-thunderbird/????????.default/prefs.js".
  3. Fügen Sie an das Ende dieser Datei folgende Zeile an:
    user_pref("mailnews.send_plaintext_flowed", false);
    
2.2. Balken

Das Thema "Format=Flowed" ist zwar jetzt Geschichte, aber Zitate werden immer noch mit senkrechten farbigen Balken dargestellt. Diese haben den Nachteil, dass sie nicht per Zwischenablage kopiert werden können. Besser wäre es, wenn Ihr Icedove ein ">"-Zeichen nicht als Balken, sondern als ">"-Zeichen darstellen würde.

Sie können Icedove so konfigurieren, dass es das wieder tut:

  1. Beenden Sie Icedove.
  2. Öffnen Sie die Datei "~/.mozilla-thunderbird/????????.default/prefs.js".
  3. Fügen Sie an das Ende dieser Datei folgende 2 Zeilen an:
    user_pref("mail.quoteasblock", false);
    user_pref("mail.quoted_graphical", false);
    

Das Resultat ist nur zur Hälfte befriedigend. Sie sehen jetzt zwar ">"-Zeichen als ">"-Zeichen, aber die farbigen Balken sind immer noch da. Mit einem kleinen Trick bekommen Sie die senkrechten Balken aber auch weg. Gehen Sie wie folgt vor.

  1. Beenden Sie Icedove.
  2. Wechseln Sie in das Verzeichnis "~/.mozilla-thunderbird/????????.default".
  3. Legen Sie dort ein Unterverzeichnis mit dem Namen "chrome" an.
  4. In diesem Unterverzeichnis erstellen Sie eine Datei mit dem Namen "userContent.css". Diese Datei füllen Sie mit folgendem Inhalt:
    blockquote[type=cite]
    {
      padding-bottom: 0 !important;
      padding-top: 0 !important;
      padding-left: 0 !important;
      border-left: none !important;
      border-right: none !important;
      color: navy ! important;
    }
    blockquote[type=cite] blockquote
    {
      color: maroon ! important;
    }
    blockquote[type=cite] blockquote blockquote
    {
      color: green ! important;
    }
    blockquote[type=cite] blockquote blockquote blockquote
    {
      color: purple ! important;
    }
    blockquote[type=cite] blockquote blockquote blockquote blockquote
    {
      color: teal ! important;
    }
    

So. Die senkrechten Balken sind jetzt weg. Die ">"-Zeichen sind als ">"-Zeichen sichtbar und Sie können E-Mail mit Zitaten per Copy-and-Paste beliebig weiterverarbeiten (ohne Qualitätseinbuße aber nur, wenn Sie die Inhalte aus dem Quellcode der E-Mail kopieren – <Ctrl>+<U>).

In der Betrachtung werden Zitate auch schön farbig dargestellt:

  • Normale Texte sind schwarz.
  • Zitate erster Ebene sind blau.
  • Zitate zweiter Ebene sind rot (kastanienbraun).
  • Zitate dritter Ebene sind grün.
  • Zitate vierter Ebene sind lila.
  • Zitate fünfter und jeder weiterer Ebene sind türkis (seegrün).

Der einzige Nachteil, der nach wie vor besteht, ist, dass die Zeichenketten "From" und "from", wenn sie am Zeilenanfang stehen, zu einem ">From" oder ">from" verstümmelt werden. Ob und wie man das Problem beheben kann, das ist sicherlich wieder ein ganz anderes Kapitel und hat womöglich nichts mit Thunderbird/Icedove zu tun.

2.3. Zeitformat

Denken Sie auch daran, dass Sie, wie in Modul 1170 gezeigt, das Zeitformat der einzelnen E-Mail-Nachrichten mit Hilfe der Locales beeinflussen können.

3. Weblinks

Mehr Informationen zum Thema "Format=Flowed" gibt es hier: